Louis, der Adler unter den Nähmaschinen

Auf der Suche nach einem netten Gestell, auf das ich meine Werkbank montieren könnte, stieß ich im Internet auf eine Annonce, in der eine alte Tretnähmaschine zum Verkauf angeboten wurde. Viel war auf dem Foto nicht zu erkennen, aber das Gestell schien o.k. zu sein. Also fuhr ich hin, um es dem Eigentümer abzukaufen.

Angekommen, sah ich sofort, was für eine schöne Nähmaschine da im Keller eines Plattenbaus in Berlin-Hellersdorf stand. Nicht nur das Gestell war in gutem Zustand. Auch die Nähmaschine, üppig mit goldfarbenen und grünen Verzierungen versehen, war in Schuss. Sie wurde nach Auskunft des Besitzers vom Voreigentümer häufig genutzt. Sie war bereits geölt, funktionierte und war überdies mit etlichem Zubehör ausgestattet. Ich konnte sofort mit ihr losnähen!

Also nahm ich sie in dem Wissen mit, dass die Suche nach einem passenden Untergestell für meine Werkbank weitergehen würde…

Besonderheiten

Die „Louis Littauer“ ist eine sogenannte „Händler-Maschine“, d.h. der Händler Louis Littauer vertrieb Nähmaschinen, auf denen sein Name stand. Auf der Rückseite der Nähmaschine ist sogar noch die Adresse zu lesen: „Berlin N.O. Landsbergerstraße 28“. „N.O.“ steht für hierbei für „Nord-Ost“, also für den Nordosten Berlins.
Übrigens bin ich im Internet bei der Suche nach weiteren Informationen auf eine Seite der Humboldt-Universität zu Berlin gestoßen. Dort wird in der Rubrik „Jüdische Gewerbebetriebe 1930-1945“ unter dem Namen „Louis Littauer“ eine Nähmaschinenfabrik erwähnt mit dem Zusatz „Maschinen und Fahrzeuge, technische Artikel“. Die Adresse der Fabrik wird mit „Höchste Strasse 39 (Friedrichshain)“ angegeben. Die Fabrik in der Höchste Straße wurde laut Angabe auf der Website im Jahr 1904 gegründet und im Jahr 1939 liquidiert. Mehr konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen. Sofern Sie, werte/r Leser/in, Näheres über Louis Littauer und zur Geschichte seines Unternehmens wissen, wäre ich dankbar für eine Nachricht.

Bei der Nähmaschine von Louis Littauer handelt es sich meines Wissens um eine „Adler“-Nähmaschine. Eine Gebrauchsanweisung für die Klassen 8, 10 und 12, die ich im Internet fand, leistete mir bei der Inbetriebnahme große Dienste. Besonders ist an dieser Maschine u.a., dass das Rad beim Nähen nicht wie oft üblich nach vorn, sondern nach hinten gedreht wird. Wenn man aber nach wenigen Minuten Eingewöhnung den Dreh im wahrsten Sinne des Wortes einmal raus hat, dann ist das kein Hindernis.

Sehr praktisch finde ich, dass man die Tischplatte an der linken Seite verlängern kann. Wenn ich also besonders viel Platz für Stoff oder Nähzubehör benötige, kann ich das Brett am linken Tischrand hochklappen und mit einem Riegel an der Tischunterseite fixieren. Wer genau hinsieht, kann übrigens die kleine Ölflasche aus Metall unter der Tischplatte erkennen. Am Eisengestell befindet sich eine kleine „Wanne“, in die man den Öler stellen kann. So ist er jederzeit griffbereit, wenn die Nähmaschine „Durst“ bekommt.

Meine „Louis Littauer“ hat sich bisher bei allen Nähprojekten bestens bewährt. Sie näht durch dick und dünn, Stoff, Filz und Leder! Mit ihr habe ich u.a. Börsen und Taschen genäht.